Der Assistenzbegriff des BTHG
In der Gesetzesbegründung zum BTHG wird der Begriff der Assistenz dahingehend erläutert, dass dieser „in Abgrenzung zu förderzentrierten Ansätzen der Betreuung, die ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Leistungserbringern und Leistungsberechtigten bergen, ein verändertes Verständnis von professioneller Hilfe zum Ausdruck gebracht (wird).”
Bei der Unterstützung durch Assistenzkräfte geht es nicht mehr um Versorgung und Förderung im wohlverstandenen Interesse der leistungsberechtigten Person, sondern um deren Unterstützung bei der selbstbestimmten und möglichst eigenverantwortlichen Ausgestaltung und Umsetzung ihres eigenen Lebensentwurfs.
Laut Gesetzesbegründung zum BTHG wird „vor diesem Hintergrund konsequenterweise auch die Beziehungsgestaltung zwischen Leistungsberechtigten und Leistungserbringern neu bestimmt.” Angesichts dieses neuen Fokus weist der Deutsche Verein darauf hin, dass auch Menschen mit besonders hohem Unterstützungsbedarf bzw. mit komplexen Behinderungen Wahlmöglichkeiten haben und dabei unterstützt werden sollten, gemeinsam Ziele und Zukunftsperspektiven zu entwickeln, Entscheidungen zu treffen und diese umzusetzen.
Notwendig ist, im Dialog ein Verständnis für die Perspektiven der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf zu entwickeln und Prozesse konsequent an ihrem Bedarf auszurichten. Das Gesamt- und Teilhabeplanverfahren einschließlich der Bedarfsermittlung und die Leistungsvereinbarungen haben dabei die Aufgabe, die Perspektiven der Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf einzubeziehen.
Die Methoden der unterstützten Kommunikation sowie Konzepte und Methoden der persönlichen Zukunftsplanung und der persönlichen Recovery-Planung, die Menschen dabei unterstützen sollen, über ihre ganz persönlichen Lebensfragen nachzudenken und die eigene Gegenwart, Zukunft und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gestalten, können dabei geeignete Instrumente sein, um die Partizipation von Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu gewährleisten.
Entwicklungsmotor für den Begriff der „Assistenz” war der in der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und seit Inkrafttreten des SGB IX im Jahr 2001 entwickelte Begriff der „Persönlichen Assistenz”, der insbesondere mit dem Arbeitgebermodell in Verbindung gesetzt wird.
Der BTHG-Begriff der Assistenz orientiert sich an Art. 19 UN-BRK und umfasst die an den Wünschen des Menschen mit Behinderungen oder an seinem Willen sowie an seinen partizipativ im Gesamtplan- oder Teilhabeplanverfahren ermittelten Bedarfen anknüpfende Teilhabeleistung.
Der Begriff der persönlichen Assistenz in der UN-BRK schließt sowohl das Arbeitgebermodell mit arbeitgeberrechtlichen Kompetenzen (insbesondere Personal-, Anleitungs-, Organisations- und Finanzkompetenz) ein als auch Assistenzleistungen mit Steuerungskompetenz der leistungsberechtigten Person in anderen Kontexten (z. B. besondere Wohnformen und andere Unterstützungsdienste).
In der Denkschrift der Bundesregierung zur UN-BRK wird der Begriff der „Persönlichen Assistenz” ebenfalls verwendet. Eine damit beabsichtigte Änderung oder Ergänzung mit Blick auf die bestehenden Leistungsansprüche und das vorhandene Leistungssetting ist nicht vorgesehen.
Quelle: BtPrax-Newsletter Juli 2024

